Montag, Januar 31, 2005

Die geschenkte Demokratie: Nach der Wahl im Irak

Irak nach der Wahl: "Die Terroristen sind besiegt worden"

Mit der Demokratie ist es so eine Sache. Eigentlich soll das Volk herrschen, doch manchmal entscheidet sich das Volk dafür, beherrscht zu werden, dann wählt es die Autokratie. Hat es nichts mehr zu sagen, nennt man es Diktatur. Manche Völker vermochten es im Laufe ihrer Geschichte, einen friedlichen Ausgleich der Interessen im demokratischen Regierungssystem zu finden, andere bekamen die Demokratie von fremden Mächten geschenkt. In letztere Kategorie fielen auch wir Deutschen nach 1945, als uns - allen voran die Amerikaner - den Weg zur Demokratie ebneten. Am vergangenen Wochenende hat das irakische Volk (oder all seine Volksgruppen) nach jahrzehntelanger Fremd- und Gewaltherrschaft zum ersten Mal die Möglichkeit erhalten, seine Führer selbst zu wählen. Das Ergebnis der Wahl wird erst in einer Woche feststehen, aber die hohe Wahlbeteiligung darf schon jetzt als Erfolg gewertet werden. Es erstaunt, daß in einem Land, dessen Bürger beim Urnengang mit dem Tode bedroht wurden, eine mit Deutschland vergleichbare Wahlbeteiligung erreicht werden konnte. Wenn zur gleichen Zeit die Ergebnisse von Untersuchungen bekannt werden, die aufzeigen, welches tiefe Mißtrauen im Osten Deutschlands Freiheit und Demokratie auch mehr als 15 Jahre nach der Einheit entgegengebracht werden, kann man erahnen, auf welch ungleich schwierigere Ausgangssituation für das Gelingen des pluralistischen Experiments man im Irak trifft. Die Demokratie ist wie keine andere Staatsform auf die Zufriedenheit ihres Souverains angewiesen. Und diese wiederum hängt ganz wesentlich von persönlicher Freiheit, Beteiligungschancen und materiellem Wohlstand ab. Die Wahl war der Auftakt für einen neuen Irak, der seinen Bürgern diesen Entfaltungsspielraum bietet. Die Beendigung des Bürgerkriegs jedoch stellt die Voraussetzung dafür dar, diese Früchte auch wirklich ernten zu können.

Posted by bo at 21:35
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Freitag, Januar 28, 2005

Eifersucht

Der Ehebruch der Liebe ist, was Du, Eifersucht, der Freundschaft bist.
Posted by bo at 17:00
Categories: Aphorismen

Donnerstag, Januar 27, 2005

Weg frei für Studiengebühren

Nach Studiengebühren-Urteil: Deutscher Hochschulverband: Bulmahn soll zurücktreten

Nach der vernichtenden Niederlage, die die Bundesregierung - und ganz persönlich die Bundesbildungsministerin Bulmahn - mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts gegen die Pläne zur Verhinderung von Studiengebühren erlitten haben, fühlen sich die unionsgeführten Länder in ihrer Auffassung bestätigt, dass Hochschulpolitik Ländersache ist und auch bleiben sollte. Bayern z.B. hat bereits die Einführung von Studiengebühren für das Wintersemester 2005/6 angekündigt. Der Deutsche Hochschulverband sieht in der Einführung einer zweckgebundenen Abgabe, die alleinig den Universitäten und ihren Fachbereichen zukommen soll, ein geeignetes Mittel zur Hochschulfinanzierung. Dabei geht es in Deutschland um vergleichsweise bescheidene Beträge von maximal 500 EUR pro Semester. Davon darf man sich zurecht ein Mehr an Leistungswillen erhoffen. Wenn das Geld nicht zum Stopfen von Haushaltslöchern zweckentfremdet wird, dann läßt sich damit sicherlich auch die Qualität der Lehre und Ausbildung verbessern. Das werden zuguterletzt auch diejenigen Studenten zu schätzen lernen, die seit den 70er Jahren in überfüllten Hörsälen sitzen, unter der Anonymität von Massenunis leiden und für ihr bislang zugegebenermaßen billiges Studium einen schlechten Bildungsgegenwert erhalten. Die Unionspolitiker tun aber auch gut daran, ein geeignetes Stipendiensystem zu etablieren, das auch finanzschwachen Studenten einen Zugang zu universitärer Ausbildung ermöglicht.

Posted by bo at 21:20
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Mittwoch, Januar 26, 2005

GEZ mausert sich zur Medien-Stasi

Die GEZ darf jetzt fast alles

Die bisherige Praxis der GEZ, Adressen von Bürgern am privaten Markt einzukaufen (z.B. von Adresshändlern oder Zeitschriftenverlagen), wird mit dem vom 1. April gültigen Rundfunkstaatsvertrag legalisiert. Bereits heute verfügt die Gebühreneinzugszentrale über rund 40 Millionen Datensätze von Bundesbürgern. Das entspricht ungefähr der Anzahl aller Haushalte in Deutschland. Natürlich melden auch die Einwohnermeldeämter - gesetzlich vorgeschrieben - jeden Umzug an die GEZ. Weshalb ein solcher Datenmoloch von Deutschlands Wählern toleriert wird, ist schleierhaft, Datenschützer haben jedenfalls erhebliche Bedenken angemeldet. Dem Stasi-Image, das sich die GEZ redlich verdient hat, werden mittlerweile auch öffentlich-rechtliche Berufsbürokraten wie Fritz Pleitgen gerecht, der in seinen jüngsten Talk-Show-Auftritten bereits wie der leibhaftige Erich Honecker wirkt. Die monatliche Quasi-Steuer der Rundfunkgebühren wird in wenigen Wochen erheblich angehoben auf 17,03 EUR. Mit Qualitätsansprüchen läßt sich die Gebührenerhöhung nicht begründen. Statt dessen dürfen wir von unserem Geld jede Menge Luxus wie z.B. umfangreiche Internet-Portale, 5 gleichzeitig auf einer Pressekonferenz sitzende ARD- und ZDF-Journalisten sowie eine Werbekampagne für die neue Harald-Schmidt-Show in großen Tageszeitungen bezahlen. Die GEZ darf uns weiterhin mit Briefen und Vertretern terrorisieren, ganz egal, ob wir bereits zahlen oder nicht, so genau nimmt man es in Köln nicht mit der Datenorganisation. Diesem Treiben ein Ende zu bereiten wird nur gelingen, wenn man beispielsweise die ARD als überregionalen Sender abschafft und nur noch das ZDF sowie einige wenige Landessender erhält. Die öffentlich-rechtlichen Sender müssen auf ihre Kernkompetenzen zurückgestutzt werden und sich z.B. aus dem Internet-Markt zurückziehen sowie auf die Schaltung von Werbespots verzichten.

Posted by bo at 21:59
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Samstag, Januar 22, 2005

Mark Latham verläßt das sinkende Schiff

Australia's opposition leader quits

Der australische Labor-Chef Mark Latham wirft nach nur 13 Monaten als Oppositionsführer das Handtuch. Der bullige und bisweilen impulsive Latham war verantwortlich für eine der größten Niederlagen in der Geschichte von Labor bei den Wahlen im vergangenen Oktober. Mit Lathams Abtritt verliert die Arbeiterpartei bereits den dritten Oppositionsführer in nur 3 Jahren. Eine Bilanz, die angesichts der Solidität, mit der die Howard-Regierung regier, nicht verwunderlich ist. Australien blickt auf mehr als 10 Jahre ununterbrochenes Wirtschafswachstum zurück, hat in den 90er Jahren stark vom Aufschwung in China profitiert und die Gefahren der Technologie-Blase im Jahre 2000 vermieden. Das Land weist eine der niedrigsten Staatsverschuldungen unter den westlichen Industrieländern auf. Die Australier sind also mit ihrer Regierung zufrieden und haben auch allen Grund dazu. Auch wenn im Herbst vergangenen Jahres bereits eine gewisse Abkühlung der Wirtschaft zu erkennen war und die Immobilienspekulation ihren Höhepunkt bereits überschritten hatte, so trauten die australischen Wähler dennoch ihrem Premier John Howard in stärkerem Maße zu, die bevorstehenden Probleme zu lösen, als der von Latham geführten Opposition. Der Abgang Lathams wird auch die nächsten anstehenden Wahlen in den Bundesstaaten beeinflussen, die bislang allesamt von Labor regiert werden.

Posted by bo at 10:17
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Donnerstag, Januar 20, 2005

Deutschland läßt Milde walten gegenüber seinen Verkehrssündern

Härtere Strafen für Drängler auf Autobahnen

So erfreulich die Nachricht auch sein mag, dass Bund und Länder noch in diesem Jahr Gesetzesverschärfungen gegen Drängler vor allem auf bundesdeutschen Autobahnen geplant haben, die genannten Strafen sind allesamt viel zu niedrig. Wer das Leben anderer im Straßenverkehr riskiert, sich als Rowdy auf der Überholspur wohl fühlt, der sollte mit drakonischen Strafen rechnen müssen und nicht mit 250 EUR Bußgeld. Verhaltensweisen wie Rechtsüberholen, Lichthupe und meternahes Auffahren gehören mittlerweile zum Alltag auf deutschen Autobahnen. Eine Feststellung, die sich ebenfalls schon alltäglich anhört. Die Strafen sollten sich einzig und allein am Einkommen des Fahrers orientieren und durchaus im Bereich eines halben Montatseinkommens liegen, damit auch ein nachhaltiger Abschreckungseffekt erzielt wird. Leider ist die verkommene Verkehrsmoral in Deutschland nicht nur eine Folge viel zu milder Strafen, sondern vor allem auch den kaum spürbaren Kontrollen durch die Polizei geschuldet. Nur wer wirklich damit rechnen muß, auf einer Autofahrt zwischen München und Berlin bei Verkehrsverstößen erwischt zu werden, der wird sein Verhalten anpassen. Tatsächlich aber ist die Sichtung eines Wagens der Autobahnpolizei ein seltenes Ereignis. Das kriminell rechthaberische Verhalten mancher Autofahrer in Deutschland ist aber sicherlich auch damit zu erklären, dass immer noch viel zu viele Autobahnabschnitte mit unbeschränkter Geschwindigkeit existieren. Die sich vermeintlich im Recht fühlenden Raser denken, die linke Spur sei für sie reserviert und jeder, der auch nur 20 km/h langsamer fährt als sie, sei schon ein Schwachsinniger. Eine einheitliche und kontrollierte Geschwindigkeitsbegrenzung auf Autobahnen auf z.B. 120 km/h würde viele Probleme des Miteinanders im Straßenverkehr wie von selbst lösen.

Posted by bo at 17:52
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Mittwoch, Januar 19, 2005

Der Wahnsinn mit der Windkraft

Keine Einigung über Windkraft-Ausbau

Wer freut sich nicht über den Anblick gewaltiger Windmühlen, die unser Land in manchen Regionen bereits prägen. Ihre eleganten Formen, bemalt mit Himmelsfarben in Weiß und Grau, das geschäftige Surren der Rotoren, das alles erweckt den Eindruck der Gewinnung umweltfreundlicher Energie und veschafft den Deutschen ein gutes Gewissen. Daß wir dieses Lieblingsexperiment der rot-grünen Regierung mit Milliardensubventionen teuer bezahlen, fällt dabei leicht dem Vergessen anheim. Jeder Arbeitsplatz in der Windenergie wird mit rund 40.000 EUR bezuschußt. Die Strompreise sind in Deutschland sind seit dem Jahr 2000 zwischen 15% und 45% je nach Anbieter gestiegen. Die Erhöhungen sind keineswegs ausschließlich der Abgabe für erneuerbare Energien zu verdanken, sondern sicherlich auch ganz wesentlich die Folge eines immer noch schwach ausgeprägten Wettbewerbs im Energiemarkt. Die Energiebranche erwartet dieser Tage eine bereits im Vorfeld heftig umstrittene Studie über die Konsequenzen des Windkraftausbaus. Dabei geht es auch um die Planung riesiger Offshore-Anlagen in Nord- und Ostsee, die ihrer der Leistung gleich einer Handvoll von Atomkraftwerken entsprechen sollen. Wir Verbraucher dürfen für die gigantomanischen Pläne grüner Ideologen nicht nur tief in die Tasche greifen, wir sind anscheinend auch bereit, eine Landschafts- und Naturraumzerstörung besonderen Ausmaßes hinzunehmen. Daß sich mit den Grünen dabei ausgerechnet eine Partei als Vorreiter erweist, die für sich in Anspruch nimmt, die Umwelt erhalten zu wollen, mag als Ironie der Geschichte gelten. Tatsache ist, daß die Umweltfolgekosten der bestehenden und, in größerem Maße, geplanten Windkraftanlagen weitgehend unbekannt sind. Schon heute verenden zehntausende Vögel jedes Jahr in Windrädern und die Langfristauswirkungen von seegestützten Anlagen auf das Binnenklima sind nur zu erahnen. Die der Windkraft eigenen Schwierigkeiten der Bereitstellung einer Grundversorgung sind ebenfalls nicht ausreichend gelöst und werden sich bei verstärktem Einsatz potenzieren. Es ist bedauerlich, dass heutzutage in Deutschland keine politische Partei mehr den Mumm aufbringt, offen für die Kernergie einzutreten und für sie zu werben.

Posted by bo at 7:12
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Freitag, Januar 14, 2005

Verhaltene Aussichten für das europäisch-amerikanische Verhältnis

America's foreign policy

Mit dem Wechsel an der Spitze des amerikanischen Außenministeriums (Condoleezza Rice and Bob Zoellick) könnte die Chance bestehen für eine veränderte US-Außenpolitik. In der vergangenen Legislaturperiode lagen die Nerven bei einigen der europäischen Verbündeten blank, wenn die Bush-Regierung wieder einmal ohne Konsultationen einen Alleingang wagte, weil auf die zögerlichen Mittelmächte kein Verlass war. In den letzten vier Jahren zogen die USA zweimal in den Krieg, weigerten sich, das Kyoto-Protokoll zu unterschreiben, blockierten mit Ihrer bedingungslosen Unterstützung Israels den Friedensprozeß und ließen die Europäer in den Verhandlungen mit dem Iran über dessen Atompolitik gewähren, weil diese sowieso zu keinem Erfolg führen würde. In den Hauptstädten des alten Kontinents blühen nun die Hoffnungen auf, dass mit den vermeintlichen Multilateralisten, als die man Rice und Zoellick ausmacht, die transatlantische Partnerschaft wiederbelebt werden könnte. Es erscheint jedoch fraglich, ob die neue Außenministerin diesen Erwartungen gerecht werden kann. Immer noch gibt es zwischen den Bündnispartnern erhebliche Differenzen über das Thema Umweltschutz, den Internationalen Gerichtshof oder auch die beabsichtigte Aufhebung des Waffenembargos gegen China durch die Europäische Union. In ihrer Rolle als Sicherheitsberaterin des Präsidenten fungierte Rice auch als Ausgleich zwischen den Falken in der Regierung und den Internationalisten. Und ihr gutes Verhältnis zu Bush wird ihr sicherlich auch weiterhin dessen Gehör sichern, ob sie sich aber gegen die neokonservativen Weltverbesserer durchsetzen kann oder will, ist zu bezweifeln. Eine atmosphärische Verbesserung der transatlantischen Beziehungen ist freilich wünschenswert. Mit viel Glück mag gar die Durschlagung des gordischen Knotens im israelisch-palästinensischen Konflikt mit vereinten Kräften gelingen. An einen grundsätzlichen Wandel der amerikanischen Außenpolitik mag man jedoch nicht glauben.

Posted by bo at 15:17
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Mittwoch, Januar 12, 2005

Köhler legt der Bundesregierung Steine in den Weg beim Luftsicherheitsgesetz

Luftsicherheitsgesetz: Köhler legt sich mit dem Kabinett an

Der Bundespräsident meldet Verfassungsbedenken gegen das neue Luftsicherheitsgesetz der rot-grünen Regierung an. Aus zwei Gründen sieht er die Verfassung verletzt: Zum einen, weil die Tötung unschuldiger Bürger, die beim Abschuß eines terroristischen Angriffs z.B. mit Hilfe eines Passagierflugzeugs, unvermeidbar ist und damit gegen das Grundgesetz verstoße. Zum anderen weil der Einsatz der Bundeswehr nicht in Übereinstimmung mit den derzeit gültigen Rechtsgrundsätzen zur Amtshilfe für die Bundesländer stehe. Die Opposition (in Form z.B. des Bundeslandes Bayern) hat die Kritik Köhlers umgehend aufgenommen. Köhler arbeitet, so gesehen, bereits Hand in Hand mit einer künftigen bürgerlichen Koalition aus FDP und CDU/CSU, der er auf diese Weise die Vorlage für eine Verfassungsklage liefert. Tatsächlich enthält das Gesetz genug Diskussionsstoff, enthält es doch die Möglichkeit, Geiseln eines terroristischen Angriffs zu opfern, um das Leben Vieler zu schützen. Im Gegensatz zum finalen Rettungsschuß geht es hierbei eben nicht nur um die Tötung der Täter. Derartige Entscheidungen sind niemals ohne Gewissenkonflikt lösbar. Und unsere Verfassung scheint auf diese Art der Güterabwägung in der Tat schlecht vorbereitet. Anstatt nun aber an einer notwendigen Verfassungsänderung mitzuwirken, scheinen Teile der Opposition gewillt, wieder einmal das Bundesverfassungsgericht in einer eminent politischen Angelegenheit entscheiden zu lassen. Die dahinterstehenden Motive werden jedoch in legalistischen Argumenten verkleidet, was der Sache nicht dient und dem Bürger eine Meinungsbildung erschwert.

Posted by bo at 18:50
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Sonntag, Januar 09, 2005

Erschreckende Berichte von eingebetteten Journalisten aus dem Irak

US troops 'kill police' in Iraq

In letzter Zeit erreichen uns zunehmend erschreckende Reportagen über das Vorgehen von US-Truppen wie z.B. den Marines in Ramadi. Der Economist (www.economist.com) weis von schikanösen und brutalen Hausdurchsuchungen zu berichten, und wir müssen lernen, dass Iraker sich nicht den Konvois der Siegermächte nähern können, ohne in Gefahr zu geraten willkürlich beschossen zu werden. Die Angst der Amerikaner vor Anschlägen hat im Vorfeld der Wahlen einen neuen Höhepunkt erreicht, angesichts des Blutzolls den das Land zu tragen hat, nicht verwunderlich. Allerdings erinnern die geschilderten Methoden fatal an eine Besatzungspolitik wie wir sie sonst z.B. aus Tschetschenien kennen. Daß auf diese Weise kein Vertrauen zu gewinnen ist, steht ausser Frage. Auch wirft das Vorgehen auf den gewünschten Demokratisierungsprozess ein schlechtes Licht. Denn für die Stabilität des Irak sind friedliche Wahlen, eine demokratische Verfassung oder der plurale Ausgleich zwischen verschiedenen Bevölkerungsgruppen genauso wichtig wie die Partnerschaft der künftigen irakischen Regierung mit dem Westen. So aber wird der Balanceakt für all diejenigen Iraker, die einen Neuanfang begrüßen und zur friedlichen Zusammenarbeit bereit sind, immer schwieriger. Sie müssen als vermeintliche Kollaborateure um ihr Leben fürchten und können von den Besatzungstruppen nicht die notwendige Sicherheit erhalten, die zum Aufbau des Landes erforderlich wäre. Die Amerikaner verspielen hier mit ihrer blinden Hatz auf Aufständische, die offensichtlich allzu oft Unschuldige ins Kreuzfeuer nimmt, wichtiges politisches Kapital.

Posted by bo at 21:33
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Freitag, Januar 07, 2005

Kardinal Meisner wagt einen Vergleich

Vergleich: Kardinal Meisner vergleicht Abtreibungen mit Verbrechen Hitlers

Nun hat es mal wieder eine Persönlichkeit des öffentlichen Lebens gewagt, ein tagesaktuelles Thema mit einem Verbrechen des Dritten Reiches zu vergleichen. Meisner sagte wörtlich: "Zuerst Herodes, der die Kinder von Bethlehem umbringen läßt, dann unter anderem Hitler und Stalin, die Millionen Menschen vernichten ließen, und heute, in unserer Zeit, werden ungeborene Kinder millionenfach umgebracht." In der Tat vergleicht der Kardinal hier nicht nur, sondern er sieht in heutigen Abtreibungen in Deutschland ein ähnlich dimensioniertes Verbrechen wie z.b. diejenigen durch totalitäre Regime verursachten Greueltaten. Man muß leider konstatieren, dass diese Gleichsetzung zumindest hinsichtlich der Abtreibungen hinkt. Ist in dem einen Falle ein vom Staat gelenktes Menschheitsverbrechen wie die Ermordung ganzer Bevölkerungsgruppen systematisch geplant und durchgeführt worden, so handelt es sich bei Abtreibungen um individuelle Entscheidungen einer Mutter oder zweier Eltern, die vom Staate nur peripher kontrolliert werden. Hinsichtlich der Dimension des Tötens menschlichen Lebens - also den schieren Zahlen - darf durchaus verglichen werden, wie überhaupt keine Vergleichsverbote irgendeiner Art in unserem Lande herrschen sollten. Einfältige Vergleiche - wie derjenige Meisners - werden die politische Debatte kaum überleben. Daraus jedoch die Unmöglichkeit abzuleiten, irgend eine Erscheinung des Dritten Reiches mit heutigen Verhältnissen zu vergleichen, wäre grober Unfug und würde letztendlich nur auf eine Mystifizierung und Verschleierung unserer Geschichte hinauslaufen, die auch denjenigen nichts nützt, die sich nun auf Kardinal Meisner stürzen werden.

Posted by bo at 14:24
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Mittwoch, Januar 05, 2005

Die Luft wird dünn für Angela Merkel

Merkel beschwört den "Gemeinschaftsgeist"

Angela Merkels Stern strahlte vor nicht allzu langer Zeit hell und klar am Firmament der CDU. Vom einfachen Parteivolk geliebt, von der CSU ertragen und die CDU in Meinungsumfragen zum kommenden Wahlsieg führend. Zu Beginn des Jahres 2005 muß man jedoch konstatieren, dass ihre Chancen auf eine Kanzlerkandidatur im Jahre 2006 rapide gesunken sind. Nicht nur haben die vielfältigen öffentlich geführten Richtungsdebatten in ihrer Partei an ihren Nerven gezehrt. Der unfreiwillige Abgang ihres Generalsekretärs Meyer ist eine persönliche Schwächung. Auch die CSU muckt wieder frech auf, Wildbad Kreuth ist dafür alljährlich die willkommene Bauernbühne. Fast zwei Jahre sind es noch bis zur nächsten Bundestagswahl, das politische Personal der CDU, welches diese gegen Schröders Koalition gewinnen soll, ist noch nicht zu auszumachen. Merkel hat es in der Vergangenheit stets verstanden, intern die Oberhand zu behalten und sich gegen ihre Widersacher machtbewußt und mit viel Gespür für das Fußvolk ihrer Partei durchzusetzen. Diese Fähigkeit wird jedoch an Bedeutung verlieren, je näher die Kanzlerkandidatenkür rückt. Statt dessen werden exogene Faktoren wie Wählbarkeit, allgemeine Beliebtheit und die vermuteten Chancen, gegen einen erneut populistisch agierenden Gerhard Schröder zu bestehen, ausschlaggebend sein.

Posted by bo at 21:28
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Dienstag, Januar 04, 2005

Soziale Mobilität in den USA nimmt ab

Faltering meritocracy in America

Die Vereinigten Staaten waren einmal das Gegenmodell zum klassenbewußten England. Sozialer Aufstieg in Wirtschaft und Geselleschaft waren nicht mehr an Herkunft und Adel gebunden, sondern hingen ganz wesentlich von der Leistungsfähigkeit des Einzelnen ab. Auch heute noch halten die meisten Amerikaner ihre Gesellschaft für durchlässig und sind - im Gegensatz zu uns Europäern - der Meinung, dass jeder seines Glückes Schmied ist. Neuere Untersuchungen ergeben jedoch, dass die soziale Mobilität in den USA in den letzten zwei Jahrzehnten stark nachgelassen hat. Indikatoren dafür sind beispielsweise der im vergleich viel geringere Anteil von Aufsteigern aus ärmsten Schichten in die höchsten Einkommensklassen oder der geringe Anteil von Studenten aus unteren Einkommenschichten an den Elite-Universitäten. Und wer an die letzte Präsidentenwahl zurückdenkt, konnte beobachten, wie ein Präsidentensohn gegen einen Millionärsgatten um das höchste Amt im Staate kämpfte. Wenn aber Spitzenpositionen in Wirtschaft und Politik nurmehr vererbt werden, dann rührt das in erheblichem Maße am Fundament der ältesten Demokratie, deren Erfolg ganz wesentlich aus ihrer Fähigkeit herrührt, die Talente in einer Gesellschaft unabhängig von Schicht und Herkunft nutzbar zu machen.

Posted by bo at 9:52
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Sonntag, Januar 02, 2005

Schröder mimt den Reformkanzler

Neujahrsansprache von Bundeskanzler Schröder

Ohne Zweifel kann Gerhard Schröder für sich in Anspruch nehmen, reformfreudiger zu sein als Kohl in seinen letzten Jahren. Angesichts der gezeigten zaghaften Trippelschritte in Richtung Umbau Deutschlands wäre es aber vermessen, ihn als Reformkanzler zu bezeichnen. Die in den letzten Jahren mit Hängen und Würgen durchgebrachten Gesetzesänderungen in den Bereichen Steuern, Gesundheit, Rente oder Arbeitsmarkt können nur der Anfang gewesen sein. Die Fixierung der deutschen Öffentlichkeit auf die Hartz IV Maßnahmen zeigt, dass weder Regierung, noch das Wahlvolk bisher begriffen haben, dass das Herumdoktern am Arbeitsmarkt wohl kaum die Lösung der Probleme darstellen kann. An guten Vorsätzen für das Jahr 2005 hat sich unser Kanzler vorgenommen, Deutschland "in der Erfolgsspur [zu] halten" und die Reformen entschieden fortzusetzen. Nun kann man beim besten Willen nicht erkennen, in welcher Erfolgsspur unser Land sich derzeit befinden soll, angesichts der Tatsache, dass alle wichtigen volkswirtschaftlichen Kennzahlen Deutschland als den kranken Mann Europas ausweisen. Schröders Optimismus wirkt hohl, und so werden wir tatsächlich einiges an "Glück" brauchen, um bis 2006 nicht weiter an Substanz zu verlieren.

Posted by bo at 10:48
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