Montag, Mai 30, 2005

Eitelkeit

Die schlimmste Form der Eitelkeit ist es, nicht eitel sein zu wollen.
Posted by bo at 22:42
Categories: Aphorismen

Samstag, Mai 28, 2005

Iran bleibt unberechenbar

Die Wiederkehr des Gleichen

In diesen Tagen läuft das sechsmonatige Moratorium des iranischen Atomprogrammes aus, das - nach kurzem Hin und Her - nun doch noch von der Führung in Teheran verlängert werden soll. Die letzten Gespräche mit der EU-Troika, bestehend aus Großbritannien, Frankreich und Deutschland, verliefen zwar ebenso erfolglos wie alle in den letzten Monaten geführten Verhandlungen über einen Stopp der Urananreicherung, doch hat die Ankündigung von Beitrittsgesprächen zur Aufnahme des Iran in die Welthandelsorganisation (WTO) offensichtilich für eine zwischenzeitliche Entspannung gesorgt. Erneut stärken die USA den Europäern in ihren Verhandlungen mit einem uneinsichtigen Iran den Rücken, nachdem sie dem Verhandlungsweg vor einigen Monaten grundsätzlich zugestimmt hatten. Condolezza Rice setzt offensichtlich nach wie vor Hoffnungen in das Vorhaben, das Mullah-Regime auf friedlichem Wege von seinen undurchsichtigen Plänen abzubringen. Offiziell plant das Land, das der zweitgrößte Erdölproduzent der OPEC ist und über 10 Prozent der bekannten Erdölreserven auf der Welt verfügt, die Atomenergie zu friedlichen Zwecken, sprich zur Energiegewinnung einzusetzen. Daran zweifeln jedoch nicht nur die Europäer oder unmittelbar betroffene Länder wie Israel, sondern auch die Vereinigten Staaten, die die Gefahr beschwören, daß die Atombombe in den Händen der Mullahs eine Gefahr für die gesamte westliche Welt darstellt. Auch innenpolitisch zeichnet sich keine Entspannung in der Islamischen Republik Iran ab, in der in Kürze ein neuer Staatspräsident gewählt wird. Der zuletzt völlig kaltgestellte Reformer Chatami, der aufsehenerregende Versuche unternahm, die Beziehungen zur westlichen Welt zu verbessern, darf nicht mehr antreten. Als aussichtsreichster Kandidat für das höchste Staatsamt gilt nun wieder Ali Akbar Haschemi-Rafsandschani, ein gemäßigter Kleriker, der dieses Amt bereits 1989 bis 1997 inne hatte. Ein Amt, das freilich an der langen Leine des von den Konservativen besetzen Wächterrates und seines obersten Geistigen Führers Chamenei hängt. Der Iran bleibt also ein schwieriger Verhandlungspartner für den Westen, der bereits ernsthafte Sanktionen erwogen hatte und den Iran bei Wiederaufnahme der Uran-Anreicherung vor den UN-Sicherheitsrat bringen will. Ob jedoch weitere politische wie wirtschaftliche Sanktionen gegen das Regime alleine ausreichen, darf bezweifelt werden. Im Falle eines entschlossenen Fortführens seiner Atompolitik, muß der Iran gegebenenfalls auch mit einem militärischen Eingreifen bedroht werden.

Posted by bo at 20:48
Categories: Aus der Ferne betrachtet

Sonntag, Mai 22, 2005

Anfang vom Ende der rot-grünen Bundesregierung

Wechsel in NRW: CDU wird stärkste Partei in Nordrhein-Westfalen

Diesmal wird die Union keine unangenehme Überraschung erleben wie bei der Bundestagswahl im Jahre 2002 als Stoiber sich bereits wie der Sieger fühlte oder auch zuletzt in Schleswig-Holstein, das nur durch das Debakel der Ministerpräsidentin noch einen glücklichen Ausgang für die CDU bereit hielt. Heute lassen die Hochrechnungen keinen Zweifel an einem Wahlerfolg für Jürgen Rüttgers und der Ablösung der Landesregierung durch eine schwarz-gelbe Koalition, obwohl nicht nur Grüne und SPD, sondern auch die FDP massiv Stimmen eingebüßt haben. Das Wahlkampfgeschehen hatte in den letzten Tagen bizarre Züge angenommen, der amtierende Ministerpräsident Steinbrück schlug wie wild um sich und versuchte, seine größere Volksnähe in Wählerstimmen umzumünzen. Allein, es half alles nichts, das Wahlvolk ließ sich von Macho-Sprüchen und Verbalfouls nicht hinters Licht führen. Die desolate Situation in Nordrhein-Westfalen, die im Grunde genommen derjenigen ganz Deutschlands gleicht, war für den Wähler ausschlaggebend, der SPD das Vertrauen zu entziehen. Ob die durch SPD-Parteivorstand und Bundestagsfraktion geleistete Schützenhilfe das ihrige zum Wahlausgang beigetragen hat, bleibt zu hoffen. Denn was Müntefering sich mit seiner linksradikalen Marktkritik geleistet hat, wird Deutschland möglicherweise noch auf Jahre bei ausländischen Investoren und Unternehmen in Mißkredit bringen. Dennoch erscheinen die Verluste der SPD keineswegs dramatisch (um das unsägliche Wort erdrutschartig zu vermeiden), so manche Partei in einem anderen Bundesland wäre froh über das Erreichen eines ähnlichen Stimmenanteils. Wenn Müntefering und Schröder die Schlagzeilen über die Landtagswahl nun jedoch mit der Ankündigung vorgezogener Bundestagswahlen übertönen, so spielt dabei also nicht nur das Ergebnis der Landtagswahl eine Rolle, sondern sicherlich auch, daß der Rückhalt für die Bundesregierung im Bundesrat quasi nicht mehr vorhanden ist und die Stimmenmehrheit im Parlament denkbar knapp ist. Schröder ahnt zu Recht, daß er nur noch ein schwacher Kanzler wäre, Partikularinteressen in seiner eigenen Partei und seines Koalitionspartners auf Gedeih und Verderb ausgeliefert. Daher sucht die SPD-Spitze die baldige Entscheidung, und es bedarf keiner hellseherischen Fähigkeiten, wenn man voraussagt, daß der Kanzler sich beizeiten Gedanken über seine Freizeitgestaltung machen sollte. Allerdings wird das Rennen für die Union ebenfalls nicht einfach. Man hat bislang nicht den Eindruck gewonnen, daß Angela Merkel für einen Regierungswechsel in den Startlöchern steht, und die bis zum Herbst verbleibende Zeit ist knapp bemessen. Die Union hat also noch die ungeliebte Kanzlerkandidatenfrage zu entscheiden. Da hierfür nun nicht mehr viel Zeit bleibt, entfällt wenigstens die sonst übliche monatelange Presseschlacht um das Thema. Am Ende wird und muß es für einen Regierungswechsel in Berlin reichen, obschon solche Wahlen am schwierigsten zu gewinnen sind, bei denen man eigentlich nur keine Fehler mehr machen darf. Aber Jürgen Rüttgers hat soeben in Nordrhein-Westfalen vorgemacht, wie man mit ruhiger Hand den prognostizierten Wahlsieg einfährt. Die Kohl-Schülerin Merkel muß es ihm nun auf Bundesebene gleichtun.

Posted by bo at 21:12
Categories: Zu Hause ist es doch am schönsten

Dienstag, Mai 17, 2005

Die neun Leben des Tony Blair

Blair unveils agenda for perilous third term

Nach dem historischen Sieg von Labour bei den britischen Unterhauswahlen sieht sich Tony Blair genötigt, trotz stark dezimierter Mehrheit im Parlament, eine ehrgeizige Agenda vorzustellen. Der Premierminister, dem das Verdienst gebührt, eine klassisch sozialistische Partei in den 90er Jahren zu einer marktwirtschaftlich orientierten sozialdemokratischen Partei geformt zu haben, sieht sich vielleicht auch gerade angesichts des innerparteilichen Drucks genötigt, die Flucht nach vorne anzutreten und bei den Themen innere und äußere Sicherheit Führungsstärke zu zeigen. Sein Programm sieht die Einführung von Personalausweisen sowie Verschärfungen beim Asylrecht vor. Im Kampf gegen den Terrorismus will Blair standhaft bleiben und macht einen Rückzug britischer Truppen abhängig von den Anforderungen der irakischen Regierung. Tony Blair macht mit seiner Ankündigung für insgesamt 45 Gesetzesvorhaben, von denen einige erheblichen Widerspruch in der Bevölkerung erfahren dürften, deutlich, daß er nicht als lame duck enden will und eine vier- oder fünfjährige Amtszeit anstrebt. Dabei ist sein Abgang für eine innerparteiliche Kritiker längst abgemachte Sache. Schatzkanzler Gordon Brown ist ihr Kandidat, er soll Blair spätestens in der Mitte der Legislaturperiode als Premier ablösen. Blair ist, im Gegensatz zu seinem Finanzminister, in der Bevölkerung in Ungnade gefallen. Insbesondere der Einsatz britischer Truppen im Irak-Krieg und dessen geheimdienstliche Vorabaufklärung haben seiner Glauwürdigkeit arg zugesetzt. Ob die Auguren jedoch mit der Vermutung richtig liegen, daß Blair schon bald der Amtsmüdigkeit anheim fallen würde, darf nach Vorlage seines Regierungsprogrammes bezweifelt werden.

Posted by bo at 22:33
Categories: Aus der Ferne betrachtet

Freitag, Mai 13, 2005

Eine Religion im Werden - das Holocaust-Mahnmal in Berlin

Mahnmal-Eröffnung Ein Denkmal gegen das Vergessen

Eine neue Religion fasst Fuß in Deutschland. Es ist die Bezugnahme auf eines der größten Verbrechen der Menscheitsgeschichte, die Vernichtung von Juden in Europa, geplant und durchgeführt von Deutschland unter Adolf Hitler. Dieses neue Glaubensbekenntnis, das seine Kraft aus dem "Nie wieder" zieht, hat seine Grundsätze, wie jede andere Relgion auch. Das erste Gebot lautet, daß kein anderes Menschheitsverbrechen vergleichbar sei mit dem Holocaust. Dies stellt eine neue, wenngleich unpersönlichere Form eines Monotheismus dar. Der spätestens seit der gleichnamigen Fernsehserie weit verbreitete Begriff Holocaust bedeutet im wörtlichen Sinne "Brandopfer", so daß man versucht sein könnte, darin eine Art Sinnstiftung zu vermuten. Nun hat diese Holocaust-Religion mit dem Mahnmal für die ermorderten Juden in Europa eine neue Pilgerstätte bekommen. Das gigantische Stelen-Feld in der Mitte Berlins wurde vom amerikanischen Architekten Peter Eisenman entworfen, nachdem es von einer Bürgerinitiative bis in den Bundestag gebracht wurden war. Das Denkmal ist zu Recht umstritten, bei Juden wie Nicht-Juden. Zum einen wehrt sich der Architekt gegen jeden Vergegenständlichung seiner Arbeit, sie soll allein durch ihre Einzigartigkeit den Besucher in ihren Bann ziehen. Dieser geradezu profane Ansatz scheint jene Kritiker zu bestätigen, die in der Abstraktheit und Unpersönlichkeit des Denkmals einen wesentlichen Rückschritt in der Gedenkkultur sehen. Ausserdem erweckt es den Eindruck, daß Juden die einzigen Opfer der deutschen Gewaltherrschaft gewesen seien, andere Opfergruppen wie sowjetische und polnische Zivilisten werden völlig außer Acht gelassen. Das Denkmal, welches durch Lage, Größe und Entstehungsgeschichte die höchsten politischen Weihen erhalten halt, schwingt sich dazu auf, zur Pilgerstätte einer Pseudo-Religion zu werden, für die Erklären und Aufklären nur noch Mittel zum Zweck sind. Statt zu wissen sollen künftige Generationen nur noch an die Schrecken der Vergangenheit glauben. Ob dies jedoch der bessere Weg ist, die Menscheit vor Wiederholungen der Geschichte zu schützen, kann mit Recht bezweifelt werden. Das Geld für das Mahnmal wäre besser in Schulbücher, Fahrten zu den authentischen Orten der Verbrechen oder Gespräche mit Zeitzeugen investiert worden.

Posted by bo at 14:58
Categories: Zu Hause ist es doch am schönsten

Montag, Mai 02, 2005

Der 1. Mai - Tag der Einfalt

Heuschrecken und andere Plagen in Deutschland

Selten fand der 1. Mail - der weltweit begangene Tag der Arbeit - in Deutschland unter so günstigen Umständen für die Linke statt. Nicht mehr in der Defensive wähnen sich die Gewerkschaften, sondern an der Spitze der von Franz Müntefering forsch geführten Debatte, die an Markt und Kapital kein gutes Haar läßt. Jetzt müsse der SPD-Vorsitzende seinen Worten nur noch Taten folgen lassen, konnte man allerorten vernehmen. Neu an den Parolen ist diesmal jedoch nicht die ewige Leier, nach der der Markt der sozialen Einhegung bedürfe (vor allem ein Vorwand für überbordende Bürokratie und Beamtenversorgung), sondern Duktus und Wortwahl der Genossen. Da werden Unternehmer mit Ungeziefer verglichen, die das Land abgrasten und kaltblütig Arbeitsplätze vernichteten. Von Gier und Shareholder-Unwesen muß man lesen; wer noch nicht arbeitslos ist, soll zumindest gehörig Angst bekommen. Zugleich veröffentlicht die SPD-Bundestagsfraktion ein blamables Papier, welches die vermeintlichen Übeltäter auch namentlich benennt und dabei vor allem Private-Equity-Firmen ausmacht. Eine derartige Hetzjagd erinnert an schlimme Auswüchse der deutschen Geschichte. Der Aufruf zum Boykott soll heute jedoch Unternehmen treffen, die Arbeitsplätze abauen und diese auf solche Weise zur Vernunft bringen. Roland Berger weist zu Recht darauf hin, daß ein derartiges Um-Sich-Schlagen auch Nahrung für einen neuen Terrorismus von Links sein kann. Ein anderer Vorschlag aus dem Lager der Einfältigen lautet, die Bezahlung von Managern künftig an die Zahl der von ihnen geschaffenen Arbeitsplätze zu knüpfen. Das Ergebnis von auf diese Weise in den Konkurs getriebenen Firman kann man sich sehr schön vorstellen, oder aber man nehme einfach ein Geschichtsbuch zur Hand und studiere die wirtschaftlichen Erfolge der DDR. Solche Propaganda ist der SPD auch in nordrheinwestfälischen Vorwahlzeiten nicht nachzusehen. Müntefering darf sich darüber freuen, mit seinem üblen Populismus die Volksseele hinter sich gebracht zu haben, nicht zuletzt dank einer CDU, die es nicht schafft, sich Gehör zu verschaffen - oder will sie es nicht? Einzig die FDP ruft zum Gegenschlag aus und empfiehlt die Abschaffung der paritätischen Mitbestimmung, die sie nach einer Regierungsbeteiligung 2006 durchsetzen will.

Posted by bo at 21:51
Categories: Zu Hause ist es doch am schönsten