Donnerstag, April 28, 2005

China ante portas

Putting up the barricades

China, das Großreich, das sich seit einigen Jahren anschickt, auch zur Wirtschaftsmacht zu werden, nennt sich immer noch kommunistisch und ist doch inmitten einer kapitalistischen Revolution ungeahnten Ausmaßes. Die Weltwirtschaft bringt das sich in ununterbrochenem Wachstum begriffene bevölkerungsreichste Land der Welt bereits gehörig durcheinander, obwohl es in absoluten Zahlen gesehen noch ein Zwerg ist, mit einer Wirtschaftskraft vergleichbar derjenigen der Niederlande. Vom Wachstum profitieren "Anreiner" wie Australien oder auch Japan, aber natürlich auch viele europäische Volkswirtschaften und die Vereinigten Staaten. Es gibt mittlerweile wohl nicht mehr viele Konsumgüter, die wir nicht aus China beziehen, ob Kleidung, Elektronik oder Spielzeug, der Erfolg von Handelsketten wie z.B. Wal-Mart wäre ohne den Zugriff auf die konkurrenzlos günstigen Werkbanken in Shanghai und Umgebung nicht denkbar. Es gibt aber natürlich auch Verlierer und Neider. Während rohstoffexportierende Länder vom Boom profitieren, stöhnen die Automobilhersteller der westlichen Welt über steigende Stahlpreise. Der Groll geht soweit, daß es in den USA mittlerweile starke protektionistische Bestrebungen gibt, die darauf abzielen, eine pauschale Einfuhrsteuer von 27,5 Prozent zu erheben, sollte China seine im Verhältnis zum Dollar künstlich festgeschriebene Währung nicht aufwerten. Dabei ist die Beziehung der einzig verbliebenen und der von allen antizipierten Großmacht bereits problematisch genug. Zum einen türmt sich das amerikanische Handelsbilanzdefizit mit China bereits zu über 150 Mrd. Dollar auf. Zum anderen ist Amerika mittlerweile der weltgrößte Schuldner und China einer seiner wichtigen Kreditgeber. Ein Handelkrieg würde zwischen beiden Ländern würde für die USA, aber auch für die Weltwirtschaft unabsehbare Folgen haben. Derzeit beschränkt sich die Regierung Bush noch auf markige Worte, man kann nur hoffen, daß es dabei auch zunächst bleibt.

Posted by bo at 23:21
Categories: Aus der Ferne betrachtet

Montag, April 25, 2005

Das Visa-Spektakel

German minister defiant on visas

Wer bislang nur die Nase rümpfen konnte über diverse Boulevard-Talk-Shows, die zu nachmittäglichen Sendezeiten Kandidaten aus zumeist unteren sozialen Schichten aufeinander hetzen, der kann sein Bedürfnis nach Schlammschlachten nun auch mit politisch höherwertiger Kost befriedigen. Das sogenannte Visa-TV hat heute nach der bereits in der letzten Woche übertragenen Befragung von Ludger Vollmer den deutschen Außenminister Fischer in mehrstündiger Live-Berichterstattung dem Fernsehpublikum von allen erdenklichen Seiten päsentiert. Da konnte man sich von sorgsam einstudierten Fernsehgesten, gekonntem Jammern und Stöhnen, zu Tränen rührenden Bekenntnissen, aber auch giftiger Gegenwehr und diversen taktischen Verteidigungsreden überzeugen, die dem Medienprofi Fischer leicht von der Hand gingen. Ihm gegenüber saßen die Ausschußmitglieder und Verhörspezialisten der Opposition, die sich sichtlich Mühe gaben, den Minister der einen oder anderen Ungereimtheit zu überführen. Allein, der Anlaß des Spektakels taugt nur bedingt dazu, die Regierung in ernsthafte Bedrängnis zu bringen, kann doch Fischer zu Recht darauf verweisen, daß laxe Visa-Erlasse bereits unter Kinkels Leitung das Außenministerium in Richtung Botschaften verließen. Die einzige Auswirkung, die die Affäre bislang auf den einstigen Politikliebling der deutschen Nation hat, ist sein dramatisch gesunkener Popularitätswert, auf dem ein Gutteil seines reichlich zur Schau getragenen Selbstbewußtseins beruht. Man kann es dem Ausschußvorsitzenden Uhl und dem Obmann der CDU von Klaeden nicht verübeln, wenn Sie auf diesem Felde zu punkten versuchen, haben Sie es doch mit einem scheinbar unverwüstlichen politischen Talent zu tun, dem bislang weder kompromittierende Fotos von Prügeleien mit Polizisten noch die gemeinsam mit Schröder betriebene Abkehr von 40 Jahren bundesrepublikanischer Außenpolitik etwas anhaben konnte. Das kann jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, daß die Mißstände, die Fischer zur Last gelegt werden, im Grunde nur von jener ideologischen Leichtsinnigkeit zeugen, die weite Teile der politischen Agenda von Rot-Grün prägen. Die Opposition wäre daher besser beraten, sich als ernstzunehmende Wahlalternative darzustellen und eine Politik glaubhaft zu vermitteln, die das Land aus seiner selbstgewählten Lethargie reißt. Ob die Teilnahme an einem Spektakel, wie es eine vom Fernsehen übertragene Sitzung eines Untersuchungsauschusses nun einmal darstellt, deren Dramaturgie zudem noch von Olaf Scholz ersonnen wurde, die Union in dieser Hinsicht voranbringt, darf bezweifelt werden.

Posted by bo at 23:24
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Montag, April 18, 2005

Umzug

Dem Zugvogel fehlt der Mut zum Umzug.
Posted by bo at 13:26
Categories: Aphorismen

Freitag, April 15, 2005

Die Steuerrevolution, auf die wir noch lange warten müssen

The flat-tax revolution

1994 führte das kleine Estland einen einheitlichen Steuersatz von 26 Prozent für Einkommensteuer und Unternehmenssteuern ein. Seinem Beispiel folgten weitere zumeist osteuropäische Länder wie die baltischen Nachbarn, die Slowakei und Rußland. Lange Zeit wurde gegen die Idee einheitlicher Steuersätze ohne Ausnahmen und Absetzungsmöglichkeiten vorgebracht, daß ein solches System in der Praxis nicht funktionieren könne. Das Beispiel Estlands aber hat gezeigt, daß eine solche Steuerreform wie ein Befreiungsschlag wirken kann. Das Land erfreut sich nun schon seit vielen Jahren eines nachhaltigen Wirtschaftswachstums. Das zweite Argument gegen einen Einheitssteuersatz für alle Bürger und Unternehmen lautet stets, es sei per se ungerecht, wenn die Reichen lediglich in gleicher Höhe besteuert würden wie die Armen. Das Gegenteil jedoch ist der Fall, denn all die Steuerschlupflöcher und Abschreibungsmöglichkeiten, die ein derart komplizierte Steuersystem wie z.B. das deutsche bietet, kommen überproportional den Vermögenden zugute. Die flat tax bietet ebenso die Möglichkeit zur Progression, indem man entscheidet, ab welcher Einkommenshöhe überhaupt Steuern zu zahlen sind. Die Einheitssteuer hat darüber hinaus weitere Vorteile. Zunächst einmal sinken die Kosten für Steuerverwaltung und -einzug ganz erheblich, durch eine insgesamt erheblich geminderte Steuerbürokratie, kürzere Bearbeitungszeiten und gestiegene Rechtssicherheit. Volkswirtschaftliches Kapital, welches bisher in nicht unerhebichem Maße in die Steuervermeidung - man denke nur an den Berufsstand des Steuerberaters - gesteckt wurde, kann dann direkt für neue wachstumsfördernde Investitionen genutzt werden. Die Einheitssteuer macht zudem Schluß mit dem negativen Anreiz eines Progressionssystems, das die Arbeitswilligen und Leistungsträger einer Gesellschaft abschreckt, denn von jedem zusätzlich verdienten Euro bleibt für sie immer weniger in der eigenen Tasche. In den USA wird derzeit wieder über eine Einheitssteuer diskutiert, eine solche Debatte würde auch dem kranken Mann Europas gut zu Gesicht stehen.

Posted by bo at 22:10
Categories: Aus der Ferne betrachtet

Montag, April 11, 2005

Das Gespenst vom Mindestlohn geht um in Deutschland

Debatte über Mindestlohn: Die zwei Seiten staatlicher Lohngarantie

Es gibt zwar noch einige Zweifler in der SPD, doch ihr Vorsitzender Müntefering wird mit seiner Forderung nach Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns in Deutschland auch künftig versuchen, die von Hartz-IV verprellte Linke in der Partei zurückzugewinnen, zumal er nun auch Schützenhilfe vom Kanzler bekommen hat. Anlaß mag die aktuelle Panik in den Schlachthöfen sein, die mit Konkurrenz durch Betriebe zu kämpfen hat, die vor allem osteuropäische Arbeitskräfte zu sehr viel niedrigeren Löhnen arbeiten lassen. Der Ruf nach einer Ausweitung des bereits für die Baubranche geltenden Mindestlohns (Entsendegesetz) erfreut sich - auch angesichts der bevorstehenden Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen - großer Beliebtheit im Regierungslager und bei den Gewerkschaften. Letztere sehen in seiner Einführung auch ein Mittel, diejenigen Unternehmen, die sich derzeit dem Tarifzwang entziehen, durch die beabsichtigte Koppelung von tariflichem und gesetzlichem Mindestlohn an die Kandarre zu nehmen. Daß gar die CDU sich in Teilen für einen derartigen Eingriff in den Markt erwärmen kann, verwundert kaum, stammt doch das Entsendegesetz noch aus der Ära Kohl. Gerade dieses aber sollte gezeigt habe, daß Deutschland, seine Unternehmen und seine Arbeitskräfte nicht auf einer Insel leben. Hat ein solches Zwangsmittel etwa die spektakulären Pleiten deutscher Bauunternehmen in den letzten Jahren verhindern können? Wer ernsthaft glaubt, wir seien frei von allen Marktmechanismen und könnten unsere Hochlohnpolitik nach Gutdünken weiterbetreiben, irrt gewaltig, denn hohe Löhne können immer nur durch hohe Qualität gerechtfertigt sein und wohl kaum mit einem moralischen Anspruch. Mit der vermeintlichen Moral, die die Vertreter des Mindestlohns für sich gepachtet zu haben scheinen, ist es sowieso nicht weit her. Die erfolgreiche Verhinderung eines Niedriglohnsektors in unserem Land hat Hundertausende in die dauerhafte Arbeitslosigkeit getrieben. Viele Geringqualifizierte aber würden ein selbstbestimmtes Leben der staatlichlichen Alimentierung bei weitem vorziehen. Der deutsche Arbeitsmarkt braucht mehr Markt, denn das alleine führt mittelfristig zu mehr Nachfrage nach Arbeit und damit auch zu angemessenen und auskömmlichen Löhnen. Und Deutschland braucht Politiker, die den für eine solche Politik nötigen ökonomischen Sachverstand aufbringen. Müntefering und seine Genossen jedoch gehören in das Museum der Planwirtschaft.

Posted by bo at 23:12
Categories: Zu Hause ist es doch am schönsten

Donnerstag, April 07, 2005

Des Haiders neue Kleider

Der Politiker in der Endlosschleife

Mit einem Paukenschlag meldet sich der Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider zurück auf der bundespolitischen Bühne Österreichs. Binnen weniger Tage vollzog er die Abspaltung der ihm wohlgesonnenen Kräfte von der FPÖ und gründet das Bündnis Zukunft Österreich (BZÖ), dem er sogleich als Vorsitzender voransteht. Mit einer solchen Neugründung hat er schon lange geliebäugelt, und in der Vergangenheit dienten solcherart Überlegungen zumeist zur Einschüchterung innerparteilicher Widersacher. Diese werfen ihm nun eine Politik der verbrannten Erde vor, denn er wird nicht nur für die Wahlniederlage der FPÖ im Jahre 2002 verantwortlichlich gemacht, sondern, wie z.B. vom Wiener FPÖ-Vorsitzenden Strache, auch für die erheblichen Schulden, die die Freiheitlichen in den letzten Jahren angehäuft haben. Die Zukunft der FPÖ scheint jedoch vor allem deswegen ungewiss zu sein, weil bisher nicht klar ersichtlich ist, wer alles dem alten Vorsitzenden in die neue Partei zu folgen bereit ist. Sollten beispielsweise mehr als 12 der 18 FPÖ-Abgeordneten im Nationalrat zum BZÖ übertreten, so verliert die FPÖler ihren Fraktionsstatus. Umgekehrt verhält es sich, wenn mehr als ein Drittel der Abgeordneten in der FPÖ verbleibt, denn dann verfügt die Regierung aus ÖVP und dem neuen Haiderschen Bündnis über keine Mehrheit. Mitleid muß man daher vor allem mit Kanzler Schüssel haben, dessen Geduld erneut von Haider auf die Probe gestellt wird. Nolens volens setzt Schüssel alles daran, die Koaltion fortzusetzen, denn die von der Opposition bereits geforderten Neuwahlen würden vor allem auch seiner Partei Schaden zufügen. Jörg Haider dagegen, dem viel Anerkennung gebührt, weil er die verkrustete Politiklandschaft und den ewigen Proporz in Österreich nachhaltig aufgebrochen hat, läßt sich bei seinem jetzigen Tun offensichtlich vor allem von seinem Ego treiben. Über Haiders politisches Talent und seine Come-back-Qualitäten ist in der Vergangenheit viel geschrieben worden, wenn die Politik aber hinter dem Klamauk verschwindet, dann wird auch Haider den Preis dafür letztendlich am Wahltag zahlen.

Posted by bo at 21:59
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Montag, April 04, 2005

Die politische Bilanz Papst Johannes Paul II.

Johannes Paul II.: Papst im Petersdom aufgebahrt

Katholische Päpste haben zu allen Zeiten nicht nur das geistliche Wohl ihrer Glaubensgemeinschaft, sondern auch die weltliche Politik beeinflußt. Karol Wojtyla, der fast 27 Jahre lang als Oberhaupt der katholischen Kirche eine ganze Generation von Christen geprägt hat, war von Anfang ein besonders politischer Papst. Aus dem kommunistischen Polen stammend, begleitete - ja manche meinen sogar bereitete - er den Untergang des Kommunismus in Europa. Seine Reisen nach Polen gaben der Solidarność-Bewegung Kraft und stützten einen national-katholischen Widerstand, der maßgeblich zum Schmelzen des Eisernen Vorhangs führte. In Südamerika war er Hoffnungsträger für die Massen und Popstar zugleich. Karol Wojtyla wird die Ehre zuteil, zugleich von George Bush und Fidel Castro betrauert zu werden. Er besuchte Deutschland dreimal in seiner Amtszeit und trug bereis in den 60er Jahren wesentlich zur Aussöhnung der beiden katholischen Kirchen in Polen und Deutschland bei. Der DDR stattete er bis zu ihrem Ende keinen Besuch ab und ließ nie einen Zweifel an der Unteilbarkeit der katholischen Kirche in Deutschland. Mit seinem Erlaß zur Schwangerenberatung jedoch sorgte Johannes Paul II. vor einigen Jahren für viel Aufsehen in Deutschland. Den Irak-Krieg 2003 hat er gegeißelt, und seine Emissäre haben in den letzten Wochen vor Kriegsbeginn alles für eine friedliche Lösung der Krise getan. Es zeichnete ihn aus, daß er für keine Seite ein bequemer Religionsführer war, nicht für die Linken oder Rechten, nicht für das Kapital oder die Kommunisten. Auch wenn seine Vergötterung bisweilen geschmacklos anmuten mag, so war Papst Johannes Paul II. zweifellos eine eminent prägende Gestalt unserer Zeit.

Posted by bo at 22:56
Categories: Aus der Ferne betrachtet

Stress

Stress ist das nicht bei der Sache sein können.
Posted by bo at 11:37
Categories: Aphorismen