Mittwoch, August 31, 2005

Der Wahlkampf im Endstadium

German leader rallies his party

Der Wahlkampf, kaum hat er begonnen, neigt sich seinem Ende zu. Nur noch wenige Tage bis zu der erwartungsgemäß vom Bundesverfassungsgericht abgesegneten Bundestagswahl, und dann hat der Bürger das Wort. Wird er seine Stimme nutzen, um für den Politik-Wechsel zu optieren? Können wir von einer CDU/CSU/FDP-Koaltion überhaupt ein sich nicht nur granular von rot-grüner Mißstandsverwaltung abhebendes Regierungshandeln erwarten? Oder werden die Deutschen, von denen sich angeblich ein nicht unerheblicher Teil derzeit noch unentschieden zeigt, demnächst mit einer großen Koalition beglückt? Gerhard Schröder hat mit seinem russischen Roulette, vorzeitige Neuwahlen herbeizuführen, nicht nur die eigene Partei, sondern gleich auch noch die Opposition und weite Teile der Bevölkerung in einen Zustand der Ratlosigkeit getrieben. Soll man die wählen, unter denen zwar nichts besser geworden ist, aber gar so schlimm nun auch wieder nicht oder gar die, welche der Meinung sind, man könne auf Kosten kommender Generationen das schuldenfinanzierte Leben in Saus und Braus noch lange so weiterführen oder jene, die auch wiederum nicht ganz so viel ändern wollen, aber wenigstens den Zusammenhang zwischen Arbeitsplätzen und einer prosperierenden Wirtschaft erkennen oder etwa solche, die gemeinhin als die Interessenvertreter der Besserverdienenden verschrien sind und denen man schon deswegen nicht über den Weg trauen könne? Geschickt spielt der Kanzler mit der Angst der Bürger vor einschneidenden Reformen und bietet die gute alte Sozialdemokratie als sicheren Hafen an, als Partei die zwar Reformbereitschaft zeige, die "Menschen" aber dabei nicht überfordere. Der Rest seines persönlichen Programms besteht aus Machogehabe und Arroganz, die in Deutschland gut anzukommen scheint. Schröders fatale politische Agenda, ob der außenpolitische Paradigmenwechsel, die horrende Staatsverschuldung oder grün-phantastische Subventionsorgien werden geschickt verschleiert. Schröder scheut nicht einmal davor zurück, sich in seinem Wahlkampf vom russischen Präsidenten Putin unter die Arme greifen zu lassen, den er in Kürze zu einem Besuch erwartet. Eine Hand wäscht die andere, scheint die Devise zu lauten, denn über den Schauprozeß gegen den ehemaligen Wirtschafsmagnaten Chodorkowski hat man aus Schröders Mund kein Wort vernommen. Angela Merkel bemüht sich sichtlich, in den letzten Tagen vor der Wahl nirgendwo mehr anzuecken. Sie verkörpert bürgerliche Bescheidenheit, im Auftreten und leider bisweilen auch im politischen Angebot. "Ihre" Ministerpräsidenten und mancher Parteisoldat schießen munter quer, so daß man bereits erahnen kann, mit welchen widerstrebenden Kräften es eine Kanzlerin Merkel in einer christdemokratischen Regierung zu tun hätte. Da es nun längst nicht mehr um politische Inhalte zu gehen scheint, sondern ausschließlich Personen, persönliche Vorlieben und vermeintliche Charakter- und Körperschwächen in den Vordergrund der Medienberichterstattung gezogen werden, sollte der mündige Beobachter sich bei allem Tamtam stets fragen, wer seinen Worten auch Taten folgen lassen wird. Der Märchenonkel der Nation namens Gerhard Schröder, der einst die Arbeitslosenzahl halbieren wollte, gehört jedenfalls nicht in die engere Auswahl.

Posted by bo at 22:04
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Montag, August 22, 2005

Chinas weltpolitischer Anspruch

UN-Sicherheitsratsmitglied China unterstützt Serbien im Kosovo

Die Nachricht, die der serbisch-montenegrinische Außenminister Draskovic vor wenigen Tagen nach seinem Treffen mit seinem chinesischen Amtskollegen in Belgrad zu verkünden hatte, mag den einen oder anderen verwundern. China würde die Position Belgrads teilen und sich gegen jede Unabhängigkeitsbestrebung des seit 1999 unter UN-Verwaltung stehenden Kosovo stellen. Diese Aussage muß ernst genommen werden, kann doch China als Vetomacht im UN-Sicherheitsrat Verhandlungen über die Zukunft der von einer albanischen Bevölkerungsmehrheit bewohnten Provinz behindern oder im Sinne Serbien-Montenegros beinflussen. Die Interessenlage Pekings ist seit dem Krieg der NATO gegen Serbien zumindest verworren. Den Krieg des Westens lehnte man ab, beleidigt zeigte man sich nach der versehentlichen Bombadierung der chinesischen Botschaft in Belgrad. Die Verwaltung des Kosovo durch die Vereinten Nationen wurde von China dann als Sieg der von China angeblich befürworteten Diplomatie gefeiert. Nun stellt Peking sich auf den Standpunkt, daß die territoriale Integrität Jugoslawiens gewahrt werden müsse und stärkt damit seinen Freunden in Belgrad den Rücken. Nur ganz unbedarfte Naturen denken dabei nicht an eine Retourkutsche für die Haltung der USA in der Taiwan-Frage. Längst aber greifen Chinas Interessen über seinen engeren Einflußbereich hinaus. Zwar ist man noch weit davon entfernt, ähnlich der einzige verbliebenen Supermacht nach dem Kalten Krieg, auch militärisch seine geo-strategischen Interessen an jedem Ort der Welt vertreten zu können, doch kann die Volksrepublik mittlerweile auf ein veritables Rüstungsprogramm bauen, dessen Rückgrat die boomende Wirtschaft bildet. Ob es hierbei langfristig zu einer Konfrontation mit den USA kommt, erscheint im Bereich des Möglichen, Taiwan jedenfalls ist heute einer der gefährlichsten Krisenherde der Welt. Zwar weisen viele Beobachter darauf hin, daß die Vereinigten Staaten und China zunehmend auch wirtschaftlich miteinander verflochten sind, doch hat diese Tatsache allein noch selten eine Auseinandersetzung verhindert.

Posted by bo at 21:05
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Sonntag, August 14, 2005

Zug um Zug zum Abzug

Gaza settlers face tough decision

Der letzte Akt zum Abzug israelischer Siedler aus dem Gaza-Streifen ist eröffnet. In wenigen Tagen müssen alle jüdischen Siedler das seit 1967 von Israel besetzte Gebiet verlassen haben, eine Politk, die Ministerpräsident Scharon trotz aller Widerstände im eigenen Land durchzusetzen in der Lage ist. Trotz des nach wie vor anhaltenden Boykotts seiner Politik durch eine radikale Minderheit sowie Teile seiner eigenen Likud-Partei, ist das Vorhaben nicht mehr aufzuhalten. In der Knesset konnte Scharon seinen Plan nur mit Hilfe der Arbeiterpartei durchsetzen, doch spiegelte diese parlamentarische Entscheidung auch die Mehrheitsmeinung der Israelis wider, die sich mit einem solchen Paradigmenwechsel der israelischen Politik einverstanden zeigt. Obwohl der Abzug der letzten Sieder noch nicht zur Gänze vollzogen ist, erscheint es wenig wahrscheinlich, daß sich die Kassandra-Rufe, es werde zu bürgerkriegsähnlichen Zuständen in Israel kommen, noch bewahrheiten könnten. Ganz anders hingegen verhält es sich mit dem Westjordanland. Hier ist schon aufgrund der erheblich größeren Zahl israelischer Bewohner eine Lösung des israelisch-palästinensischen Konflikts durch einen "einfachen" Abzug nicht sehr realistisch. Hinzu kommen strategische Gründe - die Lage Jerusalems sowie die prekäre militärische Situation, die bei Aufgabe des Westjordanlandes eine Verteidigung Israels sehr schwer machen würden. Viele Grenzen zwischen den Siedlungsgebieten wurden mittlerweile befestigt, die Siedlungen sind städtischer und permanenter als jene im Gazastreifen. Scharon müsste mit erheblich größerem innenpolitischen Widerstand rechnen, würde er den Anspruch Israels auf das Gebiet abtreten. Die mögliche Lösung des Interessenkonfliktes könnte eine Teilung des Westjordanlandes sein. Hierfür jedoch gibt es weder in Israel noch unter den Palästinensern Zustimmung, so daß eine solche politische Lösung noch in weiter ferne liegen dürfte.

Posted by bo at 20:40
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Mittwoch, August 10, 2005

Wirtschaftsverständnis am linken und rechten Rand der Mitte

Brutto, netto, Merkel

Die halbe Republik freut sich diebisch über den Versprecher der Kanzlerkandidatin der Union, Angela Merkel, die Brutto mit Netto verwechselt. Davon abgesehen, daß solcherart Mißglücke von promintenten Politikern sämtlicher Parteien alle Jahre wieder fröhliche Urständ feiern, ist es doch im Kern um das Wirtschaftsverständnis beider Spitzenkandidaten nicht besonders gut bestellt. Vor allem Kanzler Schröder bekräftigte jüngst erneut den Kurs seines Parteivorsitzenden Müntefering und sprach sich für gesetzliche Beschränkungen ausländischer Finanzinvestoren (gemeint sind hier vorrangig sogenannte Hedge-Fonds) aus. Nach Ansicht des Wirtschaftsunweisen Schröder müsse man diese in gute Finanzinvestoren und solche, die durch harte Einschnitte (Sanierung auch genannt) die gekauften Unternehmen wieder auf Kurs bringen, unterteilen. Letztere müssten daran gehindert werden, vorgeblich gut funktionierende deutsche Unternehmen zu übernehmen. Dieser Populismus zeugt von tiefsitzenden Ressentiments gegen Markt und Kapital und wird lediglich noch von "Kauft-nur-bei-Deutschen"-Parolen in der SPD und den Gewerkschaften überboten. Wohin eine Wirtschaftspolitik nach sozialdemokratischen Maßstäben führt, kann man seit Jahrzehnten sehr gut an dem Volkswagen-Konzern ablesen. Ein aufgrund seiner branchenuntypisch hohen Kosten nicht mehr wettbewerbsfähiger Großkonzern, in dem Gewerkschaften tonangebend sind und der sich unter seinem ehemaligen Personalvorstand Hartz mit sündhaft teuren Arbeitsbeschaffungsprogrammen ins rechte Kanzler-Licht zu rücken versuchte, taumelt von einem Skandal in den nächsten. Die SPD hat wohl auch heutzutage noch nicht ihren Frieden mit einer am Markt orientierten Wirtschaftsordnung gemacht. Wenn man im Grunde seine Herzens den Sozialismus wünscht, dann sollte man ihn auch beim Namen nennen. Die Union dagegen täte ebenfalls gut daran, den Begriff Soziale Marktwirtschaft in die Mottenkiste zu verbannen. Niemand kann sich darunter etwas vorstellen oder - noch viel schlimmer - jeder etwas anderes. Eine Marktwirtschaft ist niemals vordergründig sozial, sondern in erster Linie effizient. Ein Staat darf sich dagegen durchaus soziale Ziele setzen, nur sollte man dies nicht nur begrifflich deutlich voneinander trennen. Dann fällt dem Wähler eine Entscheidung an der Urne im September auch leichter.

Posted by bo at 21:15
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Donnerstag, August 04, 2005

Iran am Scheideweg

EU calls for Iran crisis talks

Der Iran befindet sich im Umbruch. Nach den Präsidentwahlen, bei denen der Liebling der konservativen Geistlichen das Rennen für sich entschieden hat, ist mit einer Reconquista der Theokraten zu rechnen. Die wenigen Freiheiten, die die Bürger des Landes unter dem Reformer Chatami genossen, stehen auf dem Spiel. Mit dem ehemaligen Bürgermeister Teherans Ahmadineschad ist ein Populist an die Macht gekommen, der das Land ganz im Sinne des religiösen Führers Chamenei regieren wird. Noch ist nicht genau zu erkennen, für welche Politik der neue Präsident stehen wird. Sein Amtsantritt ist jedoch bereits von einer Verschärfung der Atomkrise überschattet. Wenige Tage vor seiner Amtseinführung erfolgte die Ankündigung, daß das Land sein verbotenes Programm zur Urananreicherung wieder aufnehmen wolle. Trotz des umgehend verlauteten Dementis aus dem Munde Chameneis ist der Westen alarmiert. Die drei EU-Staaten Frankreich, Großbritannien und Deutschland, die seit längerem die Verhandlungen mit Iran führen, drohen nun mit dem Abbruch der Gespräche. Damit rückt die Möglichkeit, das illegale Vorgehen des Irans vor den UN-Sicherheitsrat zu bringen, wieder in den Vordergrund. Dafür gibt es viele gute Gründe, nicht zuletzt, daß das Land 18 Jahre lang sein Atomprogramm verheimlicht hat und damit gegen den Nichtverbreitungsvertrag verstoßen hat. Erfreulich ist, daß die USA und Europa bislang an einem Strang ziehen und eine diplomatische Lösung bevorzugen. Allerdings schließen die Amerikaner keine Option aus, selbstverständlich auch keine militärische. Zunächst einmal drohen dem Iran jedoch wirtschaftliche Sanktionen, die das Land ebenfalls hart treffen könnten.

Posted by bo at 22:29
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